Camphill
Camphill bei Aberdeen in Schottland war der Ort, an dem der Wiener Arzt Dr. Karl König gemeinsam mit einigen jungen Freunden 1939/40 eine heilpädagogische Einrichtung gründete. Camphill ist heute auch der Name einer Bewegung, die sich über viele Länder der Erde ausgebreitet hat. Camphill ist zugleich die Bemühung um die Verwirklichung einer Idee. Grundlage der Camphill-Arbeit sind die Anthroposophie Rudolf Steiners und das erste Memorandum Karl Königs.
Von Anfang an leben und arbeiten in der werdenden Gemeinschaft Menschen mit den verschiedensten Behinderungen und Begabungen in familienähnlichen Strukturen zusammen "unter einem Dach". Jeder soll mit seinem unverwechselbaren Wesen und seiner Befähigung an dem gemeinsamen Leben teilhaben können. Die Begriffe "normal" und "nicht normal" finden dabei keine Anwendung.
Die heilpädagogische sowie sozialtherapeutische Arbeit mit seelenpflege-bedürftigen Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen erleben wir als besonders sinnvoll, wenn in ihr das soziale Zusammenleben der Menschen erneuert werden kann. Praktisch bedeutet dies die Entwicklung und Gestaltung von Lebensformen, die in gleicher Weise dem gemeinsamen Wohl aller, wie dem persönlichen Schicksal des Einzelnen Rechnung tragen. Immer wieder suchen wir den Ausgleich zwischen entwicklungshemmender Festlegung und gemeinschaftsstörender Formlosigkeit, immer wieder neu machen wir den Versuch, den Alltag christlich zu gestalten.
Heute gibt es weltweit rund 100 Camphill-Gemeinschaften für Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Diese sind in der jeweiligen Ausprägung, ihrem Charakter und der Größe sehr verschieden und organisatorisch von einander unabhängig. Gleichwohl lebt zwischen den einzelnen Gemeinschaften eine Kultur der bewusst gepflegten Begegnung, sowohl um sich fachlich-inhaltlich auszutauschen und fortzubilden, als auch um menschlich in Verbindung zu bleiben.
Karl König widmete sein ganzes Leben als helfender Arzt und Heilpädagoge kranken und behinderten Menschen. Durch sein Schicksal, das ihn im Jahre 1938 auf der Flucht vor dem Nationalsozialismus ins Exil nach Schottland führte, wurde er zum Weltbürger.
"Jeder Mensch ist mehr als seine leibliche Erscheinung! Er ist mehr als sein Körper, als seine Empfindungen, als sein gesprochenes oder ungesprochenes Wort ausdrücken. Er ist mehr als alle seine Lebensäußerungen zeigen. Seine Erscheinung ist nur die äußere Hülle eines unsterblichen, ewigen, geistigen Wesens. Wir müssen versuchen, durch diese Hüllen hindurchzudringen und das Heiligste des Heiligen im Menschen zu erreichen: seine geistige Wesenheit. Dass jeder Mensch dieses "Ich" in sich trägt und dass dieses "Ich" ewig, unzerstörbar und von geistiger Natur ist, ist grundlegend für unsere Einstellung jedem Menschen gegenüber. Er ist unser Bruder und unsere Schwester. Er ist uns und jedem anderen Menschen ebenbürtig."
Dr. Karl König